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2005-01-08:
"Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund"
Ludwig-Museum Koblenz beleuchtet Leben und Werk des Exzentrikers
 
ape. Koblenz. "Kinski tot. Die letzte Nacht des Irren". Mit dieser Schlagzeile vermeldete "Bild" im November 1991 das Ableben einer der schillerndsten Künstlerfiguren im Deutschland der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Titelseite des Blattes hängt jetzt im Eingangsbereich des Koblenzer Ludwig-Museums. Dort rücken von diesem Sonntag an Fotos, Plakate, Film- und Tondokumente eine fast vergessene Seite des Klaus Kinski ins Zentrum - und relativieren so die populistische Auffassung vom "Irren".
 
Die Wanderausstellung ist Ergebnis langer Sammelei auf der Lebensfährte des exzentrischen Schauspielers - dessen Gesicht die Kontraste aus kantiger Form, hypnotischem Blick, vollen Knutschlippen über beißstarken Zahnreihen zur Einmaligkeit verschmolz. Ein alter Programmzettel verweist auf Kinskis Bühnendebüt: Dritter Handwerker im "Faust", aufgeführt in einem britischen Kriegsgefangenenlager. Daneben Fotos, mit denen sich der 1926 Geborene nachher um erste Rollen bewarb. Kinksi wie ihn keiner kennt, in Hamlet- und Siegfriedpose, als junger Wilder oder Gaunertype.

Der Schau liegt vor allem Kinskis Bühnen-Wirken bis 1962 am Herzen - also bevor das Massenpublikum ihn als Berufsbösewicht mit krankhafter Anlage in zweiklassigen Wallace-Krimis, Western oder Kriegsfilmen kennenlernte. Die Ausstellungsmacher Ina Brockmann und Peter Reichelt sehen denn auch im Theaterschauspieler und Rezitator das eigentliche Genie Kinskis aufleuchten. Davon künden auch zahlreiche Fotos aus jener Zeit: Kinski als Goethes Tasso, als Shakespeares Prinz Heinrich, als Myschkin in Hans Werner Henzes Ballett "Der Idiot"... Die Szenenbilder zeigen einen ungemein wandlungsfähigen Mimen, lassen ein stets mehrschichtiges Rollenspiel ahnen.

Völlig außer sich und gerade deshalb ganz bei sich wirkt der Mann auf jenen Fotos, die ihn während seiner berühmt-berüchtigen Lyrik-Rezitationen zeigen. Dort schrie, keuchte, stöhnte er Verse von Villon, Rimbaud, Brecht, Schiller ins zu Tausenden strömende Publikum, presste sie auf hunderttausende Schallplatten.

Kinskis exaltierte Rhetorikkunst machte im Verbund mit seiner Neigung zu Tabubruch und Provokation seine Vorträge in den 50ern zum Kultereignis. "Ich bin wie ich bin" zitiert das Ausstellungsmotto den egomanischen Ausstellungsgegenstand, der selbst von seinen zahllosen Liebschaften als unberechenbar, unausstehbar, unerträglich beschrieben wurde. Kinski, das war auch die Benutzung einer Type durch das Kino.

Die nach Lebensjahrzehnten geordnete Ausstellung dokumentiert das filmische Schaffen - dessen Ergebnisse Kinski selbst überwiegend "zum Kotzen" fand - mit Kinoplakaten. Der Bogen spannt sich von der billigen Massenware zu den berühmten Werner-Herzog-Streifen wie "Nosferatu", "Woyzeck", "Fitzcarraldo". Jedes der 400 Bilder der Schau macht andere Facetten einer Künstlerpersönlichkeit entdeckbar, zu der zwingend auch die Selbstinszenierung von Unfähigkeit und Unwillen zur Anpassung gehörten.
 
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